Paderborns Industrie stark – doch Infrastruktur wankt Ausbesserungswerk erhalten

Als Technologiestandort steht die Industrie im Hochstift für Innovationen. Dafür braucht es allerdings eine zuverlässige Infrastruktur

22. Juli 2025 22. Juli 2025


Ausbesserungswerk erhalten

Als Technologiestandort steht die Industrie im Hochstift für Innovationen. Dafür bracht es allerdings eine zuverlässige Infrastruktur.

 

Über 80 Prozent der Betriebe klagen über einen Mangel an Fachkräften. Zugleich stellt das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung heraus, dass aktuell bundesweit rund 10.000 oft gut bezahlte Arbeitsplätze verloren gehen – und das jeden Monat. Die Industrie vor Ort zu halten oder gar auszubauen ist nicht leicht, gelingt aber, wenn Faktoren zusammenkommen: Eine innovationsfreudige Industrie trifft auf tiefe Wertschöpfungskette vor Ort, passende Bildung und Infrastruktur.

 

Etliche Unternehmen entwickeln in Paderborn und Umland. Claas zum Beispiel komplexe Dinge wie Motorengetriebe. Der Landmaschinenspezialist überlegt, im Kreis Paderborn ein zusätzliches, neues Werk anzusiedeln. Oder Lödige: Am Balhorner Feld am Rand von Paderborn baut das mittelständische Fördertechnikunternehmen gerade einen Campus auf, der auf 4.000 Quadratmetern der Fortbildung, Projektarbeit und Begegnung dienen soll. Auch das Customer-Care-Center, in dem die weltweit bei Kunden installierten Systeme rund um die Uhr überwacht werden, soll im neuen Gebäude untergebracht werden. Benteler als alteingesessenes Paderborner Unternehmen ist beteiligt an Holon, einem Unternehmen, welches selbstfahrende Kleinbusse herstellt. Die Prototypen laufen, die Entwicklung und der Zusammenbau finden vor allem bei Benteler Steel/Tube in Schloss Neuhaus statt – auch wenn für die Serienfertigung andere Standorte im Gespräch sind.

 

"Hinzu kommen gute Berufsschulen und eine technisch ausgerichtete Universität. Und eine gute Wertschöpfungstiefe. So kooperiert beispielsweise die Gießerei HDO mit dem unmittelbaren Nachbarn Claas", betont Konrad Jablonski, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Paderborn.

 

Zu einem Technologiestandort gehört eine funktionierende Infrastruktur. War auf der A33 früher, als sie noch nicht bis Osnabrück durchgebaut war, eher wenig los, ist sie heute voll. Was die Bedeutung des Schienennetzes betont. Darüber können jede Menge Güter abtransportiert werden, eben auch die ganz schweren. Benteler Steel/Tube etwa ist existenziell auf die Bahn angewiesen. Anders lassen sich 100 Tonnen schwere Rohre gar nicht in die Welt transportieren. "Indirekt wären wir massiv betroffen, wenn in Paderborn das Ausbesserungswerk schließt", sagt Manfred Block, Betriebsratsvorsitzender bei Benteler Steel/Tube in Schloss Neuhaus. Für den Transport auf der Schiene sind Loks und Waggons nötig. "Wir arbeiten sehr gut mit dem Ausbesserungswerk zusammen. Kann DB Cargo gerade keine Lok oder keine Waggons zur Verfügung stellen, hilft das Ausbesserungswerk mit solchen aus. Das macht für uns die Wichtigkeit des Ausbesserungswerkes aus", ergänzt Manfred Block.

 

"Eine zukunftsgerichtete Infrastruktur, gerade was den Schwerlasttransport angeht, baut auf die Bahn. Das Ausbesserungswerk muss ohne Wenn und Aber in Paderborn erhalten bleiben", fordert Konrad Jablonski. Sich der Bedeutung des Werks bewusst, hat sich die IG Metall an die Seite der Eisenbahnergewerkschaft EVG gestellt. Es geht neben Infrastruktur auch ganz unmittelbar um 700 fair bezahlte und tarifgebundene Arbeitsplätze im Ausbesserungswerk. Das Schreckensszenario, dass das Werk komplett runtergefahren wird, ist für dieses Jahr erst mal abgewendet. Die Deutsche Bahn hat die zahlreichen Proteste wahrgenommen. Mehr als eine Atempause ist das aber nicht – über das Jahr hinaus hält sie sich eine Schließung oder Verschlankung durch weniger Reparaturaufträge, die nach Paderborn gehen, offen. "Die Deutsche Bahn muss investieren und ihre Infrastruktur wieder auf den Stand bringen. Die angestrebte Klimaneutralität bis 2050 lässt sich nur mit der Bahn realisieren, sie ist deutlich weniger belastend für die Umwelt als der Verkehr über die Straße", fügt Konrad Jablonski an. Deswegen erscheint es geradezu kontraproduktiv und kurzsichtig von der Deutschen Bahn, das Ausbesserungswerk schließen zu wollen.