Englisch lernen, IG Metall stärken
Unser Englisch verbessern? "Da können wir als IG Metall doch ein Angebot machen!", findet Jenny Conrad, IG Metall-Vertrauensfrau und Betriebsrätin bei Diebold Nixdorf. Gemeinsam mit Aktiven aus ihrem Vertrauenskörper hat sie die Idee über Jahre verfolgt. Zusammen mit der IG Metall-Geschäftsstelle Paderborn und mit Unterstützung des IG Metall-Vorstandes gelang es in diesem Jahr ein erster großer Erfolg: Vom 28. August bis zum 1. September fand im Rahmen des Bildungsurlaubs ein Business Englisch-Seminar statt. Dazu steht Jenny Frage und Antwort.
Jenny, Du arbeitest in der Produktionsvorbereitung. Wie kamst Du darauf, dass Englischunterricht da attraktiv sein kann?
Wir arbeiten hier in einem amerikanischen Konzern. Und auch wenn wir hier in Paderborn der größte Produktionsstandort sind, merken wir: Begrifflichkeiten, Arbeitsabläufe und vieles mehr wird immer englischer. Und daneben sind wir hier auch einfach ein sehr internationaler Betrieb. Nicht alle können Englisch. Es kommt bei uns wirklich vor, dass zwei Kolleginnen kaum eine gemeinsame Sprache haben, um sich zu verständigen. Da hilft es uns, wenn wir zumindest mit Englisch eine Art gemeinsamen Standard stärken. Und für die IG Metall im Betrieb ist es so: Dass wir zwar bei uns in der Abteilung sehr stark sind, aber in vielen Büros, Logistik- oder Entwicklungsbereichen können wir noch viel Land gewinnen. Da glaubten wir, dass ein Englisch-Angebot der IG Metall attraktiv ist.
Hier habt Euch ja entschlossen, das Angebot im Rahmen des Bildungsurlaubs zu gestalten. Darauf haben in NRW alle Beschäftigten Anspruch. Aber nur ein bis zwei Prozent von ihnen machen das. Nutzen also eine Woche, um sich weiterzubilden. Wie kamt Ihr darauf, dass der Bildungsurlaub hier der richtige Weg ist?
Bildungsurlaub ist ne super Sache – und es nutzen einfach viel zu wenige, gerade auch bei uns im Betrieb. Gerade IG Metall-Mitglieder, die noch nicht besonders aktiv sind, können mit sehr politischen IG Metall-Angeboten für den Bildungsurlaub noch nicht so viel anfangen. Aber Englisch wird hier an jeder Ecke gebraucht. Deshalb war Bildungsurlaub für uns die Lösung. Denn da haben wir eine hohe Intensivität, alle können sich eine Woche auf die englische Sprache konzentrieren. Das würde so mit einem wöchentlichen Angebot für ein bis zwei Stunden nicht funktionieren. Wir kennen es ja selbst, dass wir nach der Arbeit kaputt sind, uns Termine dazwischen kommen – und nach ein zwei Ausfällen würden die Kollegen den Kurs an den Nagel hängen.
Zum Business English-Bildungsurlaub selbst: Du hast ja mit 23 Weiteren daran teilgenommen. Zehn kamen von Diebold Nixdorf, 14 aus anderen Betrieben. Der Andrang war so groß, dass wir kurzfristig noch von 12 auf 24 Teilnehmende aufstocken mussten. Wie ist es für Dich und die 23 Kolleginnen und Kollegen gelaufen?
Die Woche an sich war wirklich heftig – besonders der Einstieg! Viele haben dort zum ersten Mal ihren Bildungsurlaub genutzt. Und es war einfach eine harte Umstellung gegenüber dem Arbeitsalltag. Allein den ganzen Tag zu sitzen war für viele von uns schwierig. Wir alle mussten erstmal reinkommen ins Englischlernen. Aber nach ein paar Stunden waren wir alle im Modus. Es hat großen Spaß gemacht – trotz der Anstrengungen.
Viele Kolleginnen und Kollegen waren da besonders begeistert von den tollen Möglichkeiten eines gewerkschaftlichen Bildungszentrums: Nach getaner Arbeit schwimmen zu gehen, in die Sauna oder bei einem Bier den Abend ausklingen zu lassen, hat sehr gut getan. Dazu war die Stimmung in der Gruppe einfach der Hammer! Die Leute waren von Anfang an begeistert vom Angebot und sind sofort in der Gruppe aufgegangen. Das war natürlich auch ein großer Verdienst von unseren Sprachlehrerinnen Eva und Renate, die das Seminar sehr interaktiv und lebensnah gestaltet haben. Es gab Parts mit uns als Großgruppe – und für andere Lerneinheiten wurden wir in Anfänger und Fortgeschrittene unterteilt. Dafür, dass alles so gut geklappt hat, möchte ich echt Danke sagen: An die beiden Sprachlehrerinnen Eva und Renate, an alle Teilnehmenden und die IG Metall-Strukturen!
Hat so ein Angebot nur einen Mehrwert für unsere Mitglieder? Oder bringt es auch die IG Metall insgesamt nach vorne?
Der große Andrang auf das Seminar und die Zufriedenheit der Teilnehmenden sprechen ja Bände, was den Mehrwert für die Mitglieder angeht. Ab dem Moment, in dem unsere IG Metall-Geschäftsstelle die Ausschreibung fürs Seminar rumgeschickt hat, stand das Telefon im Betriebsratsbüro nicht mehr still. Sowas hatten wir noch nie! Aber allein aus Sicht unseres Vertrauenskörpers kann ich sagen: Das Angebot hatte auch einen Mehrwert für die IG Metall insgesamt. Zwei Teilnehmende konnten allein bei uns im Betrieb im Anschluss als Vertrauensleute gewinnen! Über das Seminar haben sie einfach ein noch größeres Interesse an der IG Metall gewonnen. Und ich weiß, dass sich auch Teilnehmende aus anderen Betrieb durch das Seminar noch stärker für die IG Metall aktiviert haben.
Was würdest Du Dir denn für die Zukunft wünschen? Wie könnte die IG Metall so ein Angebot weiterentwickeln?
Wir sind ja diesmal mit einem Business English-Programm gestartet. Das war für unsere Sprachlehrerinnen einfacher, weil sie dafür schon passendes Material hatten. Für unsere Kolleginnen und Kollegen war das auch super, nur natürlich sehr wirtschaftslastig. Für die IG Metall würde es noch mehr Sinn machen, ein eigenes, politisches Englischseminar zu entwickeln und in der Breite auszurollen. Das Angebot würde dadurch nichts an Attraktivität verlieren, weil es für alle Interessierten das intensive Englischlernen ermöglicht. Aber für uns als Organisation wäre es damit möglich, noch stärker auf die Probleme in der Arbeitswelt und die Lösungswege der IG Metall einzugehen. Natürlich haben wir das auch schon im Rahmen unseres Business Englisch-Seminars berücksichtigt; Felix Wagner als politischer Sekretär hat mit uns einen Vormittag auf Englisch über IG Metall-Themen diskutiert. Aber wir haben uns natürlich an die Business English-Ausschreibung gehalten. Mit einem eigenen Konzept können wir noch besser werden.